Einführung


Wie kommt man zu dem Hobby „Familienforschung“? 


Hierzu gibt es verschiedene Anlässe: Fortsetzung eines bereits existierenden Stammbaumes (in bäuerlichen Familien sind schon viele vorhanden), Familientreffen, Todesfälle, Aufräumarbeiten, alte Briefe, alte Fotos, Totenzettel, gleicher Name in Telefonbüchern oder sonstigen Verzeichnissen, u.ä. Und dann heißt es: Forschen und Sammeln.

Diese Forschungen sind wie ein unendliches Puzzle zu sehen, das nie fertig wird und man sollte sich auch nicht dem Trugschluss hingeben, dass man jemals fertig würde. Immer wieder tauchen neue Namenslinien auf, mit denen man überhaupt nicht gerechnet hatte. Vielleicht findet man durch die Forschung sogar heraus, dass man Tür an Tür mit Verwandten lebt.

Sie kennen sicherlich das Schachbrettmodell: 1 Reiskorn auf dem ersten Feld und dann jeweils das doppelte auf dem nächsten.

Aus diesem Beispiel ergibt sich:

2 Generationen 4 Personen
3 Generationen 8 Personen
4 Generationen 16 Personen
…..
9 Generationen 512 Personen

Es wird sogenannte „Tote Punkte“ geben, wo ein Zweig nicht weiterverfolgt werden kann. Die Informationsquellen sind erschöpft.

Sie sollten alles sammeln, was das Zeug hält: Familienstammbücher, Briefwechsel, Verträge, Zeugnisse, Bilder, Geburtsurkunden, Testamente, kurzum, alle Unterlagen, die irgendwie mit der Familie zu tun haben oder haben könnten. Aussortieren kann man später immer noch.

Wenn Sie nicht von Anfang an mit einem Computer-Programm arbeiten wollen, legen Sie für jede Person ein eigenes Stammblatt, eine Karteikarte an und tragen dort die gewonnenen Informationen aus den Papieren korrekt ein. Vergessen Sie auch nicht, zu notieren, woher diese Informationen stammen (Quellenangabe), denn irgendwann werden Sie gefragt, woher diese Erkenntnisse stammen. Andernfalls kämen Sie nun in einen Erklärungsnotstand – frühzeitiges „Drandenken“ und notieren erspart späteren Aufwand.

Auf Grund dieser strukturierten Datenbasis ist nun ersichtlich, wo es hapert: dort fehlt ein Geburtsdatum, da ein Geburtsname, ein Ort usw. Hiermit ist nun die Aufgabe automatisch definiert: Vervollständigung.

 


FAMILIE

Ein nächster Schritt führt automatisch zu Verwandtschaftsbesuchen, Telefonaten oder Schriftwechsel, um weitere Informationen zu gewinnen. Alte oder auch abgebrochene Kontakte leben wieder auf. Generationen, die sich noch nicht kennengelernt haben, sprechen miteinander und tauschen ihr Wissen aus. Vielleicht sind die neu gefundenen Verwandten anfangs etwas verschlossen, wenn man einen Frontalangriff fährt und nach bestimmten Daten fragt, vor allem nach Dingen, wenn es „etwas Peinliches“ ist. Hier heißt es dann, diplomatisch vorzugehen. Man gewährt sich gegenseitig Einblick in Urkunden (Ahnenpässe, Arier-Nachweise, Familienstammbücher, Testamente und Erbverträge) und Bilder. Manchmal gibt es von den Bildern auch Duplikate, die Sie dann bekommen können (Personen auf den Bildern benennen, Rückseite beschriften, Datum, etc.), oder die Bilder und Urkunden werden Ihnen leihweise überlassen, so dass Sie sich Kopien anfertigen können (Originale zurückgeben!!!).

Vielleicht gibt es auch bereits eine begonnene Familienforschung und sogar neue Mitstreiter, die ebenfalls dieses Hobby betreiben. Dann kann man auf vorhandene Daten aufbauen. Gemeinsam kommt man schneller voran und kann die Forschungsergebnisse teilen. Bei den eigenen Nachforschungen trifft man immer wieder auf Mitmenschen, die von der Idee durchaus angetan sind, aber mit der Begründung „keine Zeit“, „wenn ich Rentner bin, mach ich dies auch“, „ich habe keine Verwandte mehr“ sich erst einmal eine Ausrede einfallen lassen. Hier muss jedoch gesagt werden, dass mit den Forschungen so früh wie möglich begonnen werden sollte und man es nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag verschieben sollte. Dies ist nicht nur etwas für Ältere. Die Lebenszeit unserer Verwandten arbeitet gegen uns. Irgendwann gibt es wirklich niemanden mehr, den man nach der Vergangenheit befragen kann. Jeder Generationswechsel bedeutet auch Verlust von Wissen.

 


ÖFFENTLICHE QUELLEN

Die vorhandenen Lücken werden zwar kleiner, aber verschwinden doch noch nicht ganz. Nun muss auf öffentliche Quellen zurückgegriffen werden. Dies sind die Kirchen vor Ort, Bistumsarchive, Stadt- und Kreisarchive, Staatsarchive.

Ran an die Standesämter und Kirchenbücher. Der zunächst schwierigste Teil ist wohl die Zeit zwischen heute und 1874 (Beginn der Standesämter – im Rheinland ab 1799). Wenn da kein Ahnenpass aus dem Dritten Reich die Lücke füllt, müssen andere Dokumente gefunden werden.

 


STANDESÄMTER

Die Standesämter därfen nur in gerader auf- oder absteigender Linie Auskunft geben. Diesist eine negative Auswirkung des Datenschutzes. Mit Freundlichkeit und Wohlwollen ist es aber vielleicht auch möglich, weitere Informationen zu erhalten. Vergrätzen Sie keinen Standesbeamten. Vorsicht bei Anforderung von Kopien der Standesamtseinträge – diese sind teuer. Aber eine beglaubigte Kopie ist für die Familienforschung nicht unbedingt erforderlich. Erkundigen Sie sich vorher nach den Kosten!

 


KIRCHENBÜCHER

Vor 1875 müssen die Kirchenbücher zu Rate gezogen werden. Keine Angst vor der alten Schrift (gilt übrigens ebenso für Standesamtseinträge) – mit etwas Üben kann man die anfänglichen Leseschwierigkeiten überwinden. Auf dem Trienter Konzil (1563) wurden die katholischen Pfarren verpflichtet, Aufzeichnungen über Geburten, Heiraten und später auch Todesfälle zu führen. Die Umsetzung dieser Verpflichtung fand jedoch nicht sofort statt. Diese Aufzeichnungen (Kirchenbücher) werden in den Pfarren seit ca.1630 plus/minus geführt und sind auch heute noch Eigentum der Pfarre. In vielen Fällen sind sie jedoch im Bistumsarchiv deponiert (also: vorher erkundigen!! – siehe dazu auch die Seite Kirchenbücher). Dann heißt es also: ab ins Bistumsarchiv und Kirchenbücher lesen.
Ach ja: Original-Kirchenbücher sind in der Regel schon recht alt und sehen mit Eselsohren und Fettflecken nicht mehr ganz so imposant aus. Und auf das Befeuchten des Zeigefinders zwecks Umblättern würde ich wegen der wahrscheinlich im Papier vorhandenen Schimmelpilze verzichten. Die nachfolgenden Familienforscher werden es Ihnen auch danken, wenn die Unterlagen dann immer noch lesbar sind.

In den Geburts-/Taufeinträgen stehen dann normalerweise die Namen (manchmal auch Orte) der Eltern und Paten. Versuchen Sie auch, die Geschwister (jüngere und ältere) herauszufinden, und notieren Sie alle Angaben, die Sie finden. Wer weiß, ob dort nicht die Lösung zu einem Verwandtschaftsproblem liegt.

Die Heiratseintragung der genannten Eltern sollte dann in den Jahren davor zu finden sein. Kommen die Eltern aus anderen Orten, ist oft (leider nicht immer) bei der Taufe der Herkunftsort angegeben. Dort muss dann weitergebohrt werden. Und so geht das weiter: Aus der Geburtsurkunde die Namen der Eltern suchen, aus deren Heiratsurkunde die Geburtsdaten. Ein Schritt nach dem anderen – rückwärts. Je weiter Sie zurückkommen, desto spärlicher werden die Informationen. Aber mit ein wenig Übung wird es Ihnen gelingen, Lücken zu überbrücken (Taufpaten bei unehelichen Kindern, etc.)

 


MORMONEN

Ein weitere große Datenquelle ist die „Kirche Christi der Heiligen der letzten Tage (Mormonen)“. Aus Glaubensgründen werden von den Mitgliedern dieser Kirche weltweit alle Daten gesammelt und verfilmt – und nicht nur diese, auch alle darüberhinausgehenden Unterlagen werden archiviert. In USA befindet sich die Zentrale. Die Originalunterlagen bzw. Mutterkopien sind dort atombombensicher 300 m unter Granitfelsen deponiert. Für uns Familienforscher (und nicht nur für uns, sondern für Jederfrau und Jedermann) ist es fast ohne Probleme möglich, auf diese Sammlung zuzugreifen.(Es existieren regionale Einschränkungen !!).
In Deutschland gibt es eine Reihe von genealogischen Zentren, in denen Sie beraten werden und auch die Filme einsehen können. Sie brauchen keine Angst zu haben, daß Sie Ihren Glauben wechseln müssen.


STAATSARCHIVE

Für Westfalen muss zudem das Personenstandsarchiv Westfalen-Lippe in Detmold genannt werden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, Westfalen war in napoleonischer Hand, wurden die kirchlichen Strukturen durch teilstaatliche Aufgaben erweitert. Einerseits war der Bürgermeister für die standesamtlichen Aufgaben zuständig, andererseits wurden die Kirchen verpflichtet, Kopien der Kirchenbücher anzufertigen und diese bei den Gerichten zu hinterlegen. Auch nach Beendigung der französischen Periode wurde dieses Verfahren beibehalten. Das Personenstandsarchiv ist heute Rechtsnachfolger dieser Unterlagen und wird auch mit den aktuellen Daten der Standesämter versorgt. Daher kann man Urkunden in Detmold anfordern, hier fehlt allerdings das Siegel der Gemeinde – aber darauf kann man gern verzichten, wenn man die Gebühren rechnet. Für das Rheinland existiert das Personenstandsarchiv in Brühl.

Als weitere Archivadresse ist das Staatsarchiv in Münster zu nennen. Dort befinden sich Unmengen von Urkunden und Archivalien, die z.T. noch nicht erschlossen sind.

 


ZEITAUFWAND

Es ist auch nicht zu erwarten, dass die Forschungen im Vorbeigehen erledigt sind – der Zeitaufwand ist durchaus bemerkenswert. Wenn man aber erst einmal „Blut geleckt“ hat, so lässt einen dieses Hobby nicht mehr ruhen. Drehen Sie das Rad der Geschichte doch mal 150 – 200 Jahre zurück. Über welche Aufzeichnungen kann man verfügen. Es gab noch keine Standesämter, aber Gott sei Dank auch keinen Datenschutz. Es gab materielle Not in vielen Fällen – Leibeigenschaft, Krankheiten, die Lebenserwartung war um einige Jahre (zig Jahre) geringer als heute. Dieses führte auch gerade in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zu Volkswanderungen, die heute nicht immer dokumentiert sind. Es wanderten ca. 6 Millionen Deutsche in die USA aus. Kennen Sie noch alle oder wissen sie es von allen, die in Ihrer Vorfahrenliste auftauchen könnten? Wer sich mit Familienforschung beschäftigt, muss auch Begleitumstände der damaligen Zeit berücksichtigen.


WIE WEIT KOMME ICH ZURÜCK?

Ach ja, man sollte nicht der Hoffnung erliegen, seinen Stammbaum bis Adam und Eva zurückverfolgen zu können. Auch Karl der Große liegt schon in einiger Entfernung. Blaues Blut existiert nicht in jedem Stamm. Bauern, Handwerker und Tagelöhner waren auch anständige Menschen, und deren Leben und Lebensumstände zu erforschen, ist mindestens genauso interessant. Familienforschung ist wie ein großes Puzzle, von dem man erstens nicht weiß, wie es letztendlich aussehen wird, zum zweiten, wieviele Teile es hat, und zum dritten, wo diese Teile alle sind. Aber das macht auch den Reiz aus.


SONSTIGES

Ein nicht unerhebliches Forschungsmittel ist der Kontakt zu Gleichgesinnten. Für den Einzelnen kann durch diese Gemeinsamkeit ein hoher Nutzen entstehen. Bei seinen Forschungen stellt man immer wieder fest, dass bereits jemand anderes sich mit diesem Vorfahren beschäftigt hat. Durch den Austausch von Familienforschern kann unnötige und zeitaufwendige Doppelarbeit vermieden werden.

Es gibt eine Vielzahl von Vereinen, die sich dieser Aufgabe gestellt haben – so auch unser. Die Mitglieder kommunizieren miteinander, Berichten von Ihren Erfahrungen und Forschungen, planen Veranstaltungen, laden Referenten zu ihren Tagungen ein und bilden damit die Plattform der Familienforschung. Gäste sind gerne gesehen. Schauen Sie einfach mal rein zum schnuppern.

Sind Sie bald aktiv? – Wir hoffen es.

Autoren: Norbert Mende & Johannes Kohlstedt